Doch weit gefehlt...
Anfang des vorigen Jahrhunderts gab es in Deutschland noch Wildgestüte, sogenannte Wildbahnen. Dort lebten Wildpferde ohne menschlichen Eingriff und pflanzten sich fort.
Nur die Wildbahn Merfelder Bruch, nahe Dülmen in der Münsterischen Bucht, konnte bis heute erhalten bleiben. Als älteste Pferderasse Deutschlands wurden die Dülmener schon 1316 erstmals urkundlich erwähnt. Herzog Alfred von Croy veranlasste um 1850, dass die letzten Wildpferde eingefangen wurden und stellte ein Gehege von 132 Morgen zur Verfügung. Heute umfasst die Wildbahn ca. 1.500 Morgen und bietet 350 bis 400 Pferden einen Lebensraum. Am letzten Samstag im Mai jeden Jahres werden die einjährigen Hengstfohlen aus der Herde eingefangen und versteigert. Stuten verlassen die Wildbahn inzwischen nie.
Man unterscheidet zwischen dem Dülmener Wildpferd, das sind die Pferde, die in der Herde geboren wurden, und Dülmenern, das sind Pferde, die außerhalb der Herde von privaten Züchtern gezüchtet wurden.
Lange Zeit führten die Dülmener ein Dasein im Verborgenen, bis man sie als kostengünstige Grundlage für die sich im Aufbau befindliche Zucht des Deutschen Reitponys entdeckte.
Die Zucht von Dülmenern in Deutschland wird in den der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) angeschlossenen Züchtervereinigungen in eigenständigen Populationen betrieben.
Dülmener gehören zu den alten und gefährdeten Haustierrassen und sind von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH e.V.) in die Kategorie I, extrem gefährdet, zugeordnet.
Im nationalen Fachprogramm- „tiergenetische Ressourcen“ des Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft werden für das Jahr 2023 Bestandszahlen von 8 Hengsten und 38 Stuten ( die in ein Zuchtbuch einer Züchtervereinigung eingetragen sind) genannt.
Damit fallen die Dülmener in die Kategorie „Erhaltungspopulation“. Dies bedeutet eine stark gefährdete Population, für die baldmöglichst ein Erhaltungsprogramm zur Stabilisierung der effektiven Populationsgröße und Minimierung weiterer Genverluste notwendig ist.
Dazu kommt, dass es lt. Bericht der GEH e.V. , u.a. durch mangelnde Hygiene bei der Winterfütterung der Wildherde, zu starker Verwurmung kommt, die zu stetig steigenden Verlusten in der Wildherde führt und mit natürlicher Selektion nichts mehr zu tun hat. Außerdem ist der Dülmener-Anteil in der Merfelder Herde nach jahrzehntelangem Einsatz polnischer Konikhengste lt. GEH e.V. deutlich gesunken, und die in Zuchtbüchern erfassten Pferde sind auch vom Pedigree (Abstammung) als typsichere Rassevertreter anzusprechen.
Ein kleiner Kreis engagierter Züchter und Freunde des Dülmener Wildpferdes formierte sich im August 1988 zu einer Interessengemeinschaft mit dem Ziel der Zucht und Reinerhaltung der alten Rasse, sowie deren Verbreitung und Einsatz im Reit- und Fahrsport.
Die Interessengemeinschaft des Dülmener Wildpferdes Deutschland e.V. ist auch heute noch bemüht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Erhalt der Rasse als Kulturgut zu sichern. Vorrangiges Ziel muss sein, den Typ unverändert beizubehalten und ein Pferd im Verdauungstyp bei mittlerer Größe (um 130cm) anzustreben. Eigenschaften wie Robustheit, Leichtfuttrigkeit, hohe Fruchtbarkeit und Langlebigkeit sollen in der Zucht eine zentrale Rolle spielen. Hinsichtlich der Erhaltung sollen auch die Farben besondere Beachtung finden, die im Merfelder Bruch, durch die über große Zeiträume praktizierte Verdrängungskreuzung mit graufalben Konikhengsten, fast gänzlich verschwunden sind. In erster Linie handelt es sich dabei um den Exmoor-Typ und die schwarzbraunen Falben.
Neben der schon erwähnten kulturellen Bedeutung der Erhaltung von Dülmenern und ihren tiergenetischen Ressourcen, darf aber auch die ökonomische und ökologische Bedeutung nicht unbeachtet bleiben.
Als Beispiel sei der direkte Wert von kleinen gefährdeten Rassen genannt, wenn sie bestimmte Eigenschaften in moderne Zuchtprogramme einbringen können. Oder aber die große ökologische Bedeutung, verbunden mit erheblichem wirtschaftlichen Wert, die angepassten Landrassen, wie die Dülmener, als Weidetiere im Naturschutz und in der Landschaftspflege erbringen.
Anfang 2006 konnten wir von einer Züchterin einen Teil ihres Pferdebestandes übernehmen. Diese Dülmener haben die heimlichen Erwartungen, die wir an sie gestellt hatten, vollends erfüllt. Sie haben eine sehr gute Abstammung, sind kerngesund, robust und menschenbezogen. Dabei verfügen sie über ein ausgeprägtes Sozialverhalten, wie wir es vorher noch bei keinem Pferd kennen gelernt haben, was die Eingliederung in unseren Pferdebestand absolut problemlos gestaltete und eine wirkliche Bereicherung ist. Neuem gegenüber reagieren die Dülmener mit Neugierde, Vorsicht aber auch Ruhe und Gelassenheit. Ihre erstaunliche Auffassungsgabe und Lernbereitschaft ist jeden Tag aufs Neue verblüffend.
Und somit wurde uns klar, dass wir weitere Dülmener züchten und ausbilden wollen. Unsere Dülmener sind alle geritten und laufen mit Begeisterung 1-6spännig vor der Kutsche.
Wir erleben unsere Dülmener jeden Tag als eine große Freude, und sind glücklich, dass wir durch sie in der Lage sind unseren kleinen Teil zur Erhaltung dieser Rasse beitragen zu können. Weiterhin hoffen wir natürlich, dass wir auch Ihnen diese wunderbare Rasse näher bringen können...